Das Glück ist ja immer mit den Kindern. Naja, so ähnlich ist der Spruch ja schon… Ich bin leidenschaftlich schlecht in Vorbereitung von Touren. Ebenso lese ich nie Gebrauchs- oder Aufbauanleitungen. Daher bin ich wirklich überlebensmäßig auf die technische Hilfe meiner Freunde daheim angewiesen. So bin heilfroh, auch jetzt von dort aus unterstützt zu werden. Da bin ich ein hoffnungsloser Fall. So ging es auf den Jakobsweg zwar mit Reiseführer, aber ohne ihn vorher gelesen zu haben. Dann wunderte ich mich, dass der Camino in Spanien in solch hohen Bergen liegt. Ebenso spontan war die Rucksacktour Vietnam innerhalb von 10 Tagen entschieden und geplant wurden nur die Flüge. Ich bin froh, dass mein Schutzengel fit ist und so schnell fliegen kann, wie ich manchmal entscheide. Zurück zum Jetzt. In Deutschland hatte ich mir eine Amazonas Tour ausgeguckt. Ich habe es gerne, wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dass dies dann auch so funktioniert. Natürlich hatte ich überlesen, dass man die Tour bis 7 Tage im Voraus buchen kann. So ging ich einfach (aus Faulheit) dann zu dem kleinen Büro eines Tourenveranstalters im Hostel um meine Tour zu buchen. Während des Transfers mit Minibus zum Fluss Urubu lerne ich ein reisefreudiges spanisches Paar aus Madrid kennen. Sie haben schon die halbe Welt bereist und viel Zeit auf die Vorbereitung dieser Tour verwendet. Sie erzählen mir, dass diese Tour eine der Besten bezüglich Individualreisen hier sei. Außerdem sei dieser Flusswasserzusammensetzung so gut wie moskitofrei und das Schwimmen ist ebenso möglich. Da sag ich mal : Schwein gehabt!
Wir fahren drei Stunden und obwohl ich gegen die Übelkeit mit „Sea-Bändern“ an beiden Armen bewaffnet bin (Druck auf Magen- Meridian) geht es mir so lala. Wir fahren an einer Müllhalde vorbei, wo sich tausende von Geiern aufhalten. Ein beeindruckendes Bild. Kilometerlange, schnurgerade Straßen führen durch den Urwald. Wir weichen immer wieder auf die andere Straßenseite aus, um den metergroßen Schlaglöchern auszuweichen. Hunden und Pferden, die aus der Koppel ausgebüxt sind ebenso. Endlich kommen wir an zwei einsame Häuser am Ufer an.
Dort warten die einfachen motorisierten Boote auf uns. Das Gefühl, dass mich ergreift, als im Boot sitze und das blaue Wasser, der grüne Dschungel und diese unermessliche Größe fliegen an mir vorbei, ist unbeschreiblich. Ich bin wirklich hier! Ich könnte weinen, weil ich so berührt bin, von der Schönheit. Ich denke, dass die Menschen, die von Natur nicht berührt werden, einen wichtigen Teil ihrer Wurzeln verloren haben. Maria fragt mich: „Are you happy?“ Vermutlich ist die Frage auf mein Lächeln bezogen, dass mir nicht mehr aus dem Gesicht gehen will.

Nach einer wundervollen Stunde erreichen wir die einsam gelegene, wunderschöne Lodge. Ganz ruhig liegt sie da, nur zwei badende, die vom Auslegersteg in den Fluss springen begrüßen uns. Daneben liegen Holzboote für bis zu 10 Personen.
Vom Steg, der zum Ausruhen einlädt, führt eine Treppe zur höher gelegenen Lodge. Eine große Terrasse, teilweise überdacht ist das Restaurant. Ein großer, offener Raum bietet Platz für die Hamocks (Hängematten). Also für mich. Bungalows bieten Komfort. Die Chalets innerhalb des Aussichtsturmes haben alle Ausblick auf den Fluss, ich aber auch. Vom Aussichtsturm ist ein großer Teil des breiten Flussgebietes zu überblicken. Wunderschön für Sonnenauf- und Untergänge, genauso wie der Ausleger. Ruhe und Abgeschiedenheit sind der absolute Pluspunkt dieser Lodge.
Das erste Highlight ist das Piranha Fischen. Wir fahren durch eine zauberhafte Landschaft zwischen den Bäumen und suchen einen geeigneten Platz. Dann werfen wir die Fleischköder an der Angel aus und unser Guide Josef schlägt kräftig auf die Wasseroberfläche um die Fische anzulocken. Meine Fische sind jetzt satt, gefangen hab ich keinen. Die anderen waren erfolgreicher. Später am Abend soll es die Fische zum Abendessen geben. Das Paddel wird vielseitig eingesetzt und wird so zum Filetierbrett. Mich wunderte es schon auf dem Markt, dass die Fische an der Oberseite eingeschnitten wurden. Josef erklärt, dies ist zum Zerschneiden der Gräten. Mir gefallen die schönen Fische, das Töten nicht so.
Bei der Rückfahrt sehen wir vor der Lodge eine kleine Gruppe von Flussdelfinen. Die Freude ist groß. Sie scheinen kleiner als ihre Verwandten im Meer und tauchen auch nur auf, anstatt zu springen. Wunderschön.
Dann bin ich ganz mutig und springe in den Fluss, eine angenehme Abkühlung. Das Wasser ist angenehm warm und nichts berührt mich im Wasser. Puh. Der Fluss hat einen ganz eigenen Geruch, den ich bisher von Gewässern nicht kenne, vermutlich auch wegen der braunen Färbung.
Unsere kleine Gruppe besteht aus einem weiteren Paar aus Madrid und einem französischen Paar. Wir verstehen uns alle gut, da wir alle Weltenbummler sind. Meist sind diese Menschen aufgeschlossen und freundlich. Ich stelle fest, dass es für andere Nationen anscheinend noch schwieriger ist, mit ihrem Schulenglisch zurechtzukommen. Meist müssen weiter Konversationskurse abgehalten werden, um einigermaßen sicher im Umgang mit der fremden Sprache zu werden. Natürlich wäre es für mich auch besser gewesen, einige Grundbegriffe portugiesisch zu lernen. Im Flugzeug erinnerten mich die ersten gehörten Worte allerdings an einen betrunkenen Russen. Sorry. Spanisch ist vielleicht eher meins. Allerdings sind die Menschen bisher sehr freundlich und hilfsbereit, wenn ich sie schon mit einem „Bom dia“ und strahlendem Lächeln grüße. Dann werfe ich ein paar Brocken spanisch heraus, dazu mein englisch und zum Schluss noch Obrigada. Mit Händen und Füssen klappt dann die Kommunikation. Ein wenig Englisch beherrschen doch viele.
Das Schöne an den meisten Reisenden ist, zumindest hier schon mal, dass sie Wissen gerne teilen. Ich erhalte viele Tipps für meine Brasilienreise, aber auch zu den betreffenden Heimatländern und Reisezielen der Anderen. Beeindruckend finde ich, dass jeder dieser Reisewütigen seine Heimat liebt. Dies finde ich sehr schön. Zu Hause ist schön, aber woanders auch.

Kaimanwatching ist am ersten Abend angesagt. Mit sehr starken Taschenlampen wird das Ufer des Flusses ausgeleuchtet, um die scheuen Tiere zu suchen. Absolute Stille ist nötig. Die Augen der Kaimane reflektieren das Licht auch über eine Distanz von 100 Metern. Wie Katzenaugen, nur noch intensiver leuchten die Punkte uns entgegen. Nur ein wenig Licht der Sterne erhellt den Himmel und den Fluss, die Bäume sind komplett schwarz. Die Taschenlampe erhellt immer nur einen Kreis von zwei Metern. Vier der Tiere flüchten, obwohl wir leise sind. Sie halten sich in Buchten auf. Das Wasser steht noch sehr hoch, da die Trockenzeit erst im Juni begonnen hat.
Nach zwei Stunden haben wir doch Erfolg, ein schwieriger Job für Josef. Langsam treibt das Boot auf die leuchtenden Punkte zu, Josef schwenkt mit der Taschenlampe, um das Tier zu paralysieren. Kaimane können hier bis zu 2,5 Metern werden. Alle halten den Atem an und bewegen sich nicht.
Ein Babykaiman ist die Belohnung. Wir dürfen das ca. 30 cm große Tier halten. Er ist wunderschön und perfekt. Er ist ganz „weich“ und fühlt sich richtig nach Baby an. Alle staunen über dieses feine Geschöpf der Natur. Klein geht ja auch… Er wird wieder in die Freiheit entlassen und wir fahren zurück zur Lodge.
Dort wartet schon eins der Haustiere der Lodge, die Vogelspinne auf der Terrasse auf uns. Sie leben dort frei, der
Guide zeigt uns ihr Nest. Ist ja nur 10 Meter vom Hamock entfernt, und alles offen ,kein Problem! Eine dicke Kröte von 20 cm hüpft noch über die Terrasse bevor alle ins Bett gehen.
Leider kann ich den Geräuschen des Dschungels in der ersten Nacht nicht lauschen. Ich musste mich zwischen Schnarchen in der Hängematte neben mir oder meinem Seelenfrieden mit Ohropax entscheiden. Da geht es bei mir ums nackte Überleben, die Entscheidung war gefallen. Die erste Nacht in der Hängematte beginnt.






