Barbara ist so nett, mich zu begleiten. Wir nehmen den Bus nach Santarém, um eine Hängematte für die Schifffahrt und meine Fahrkarte zu kaufen. Der Bus fährt eine Stunde und wir kommen zum Hafen. Dass gute am Busfahren hier ist, man bezahlt 2,50 Reais, egal wohin. Und die Leute sagen dir, wenn du fragst, wo du aussteigen musst. Am Hafen ziehen sich kleine Passagierbarken wie eine Perlenkette am Dock entlang. Ein winziger vollgequetschter Kiosk/ Bretterverschlag dient auch als Verkaufsstelle. Ich zahle 130 Reais für 2,5 Tage durchgängige Bootsfahrt in der Hängematte. So erfahre ich auch, dass nicht wie in der Herberge angegeben das Boot am Sonntag fährt. Also muss ich bis Montag bleiben, damit kann ich sehr gut leben. Meine Hängematte kostet mit Befestigungsseilen 30 Reais. Auf dem Rückweg nimmt der Bus einen anderen Weg. Wir fahren durch winzige Dörfer auf ungeteerten Straßen. So stellt man sich das richtige Brasilien vor. Dschungel wechselt sich ab mit kleinen Straßen, die Fahrt geht holperig über beigerote Sandstraßen. Dass hier Busse fahren ist einfach unglaublich. Ich höre förmlich die Stoßdämpfer aufschreien. Zurück genießen wir den Nachmittag wieder auf der Ilha do Amor.
Im Schatten liegt es sich wunderbar mit der Aussicht auf das klare Wasser, die Füße im weißen Sand. Ab und zu eine lange Weile im Wasser, bis einem langweilig wird. Barbara stammt aus der Hauptstadt Brasilia. Sie erzählt, dass es sich abhebt vom ganzen Rest von Brasilien. Denn sie sei mit 60 Jahren eine junge, sehr gut organisierte Stadt. Aufgebaut wie ein Flugzeug, mit den Stadtbezirken der beiden Flügel und dem Sitz der Regierung im „Cockpit“. Aus dem Flugzeug kann man dies wohl gut erkennen. Sie ist eine weiße, aufgeschlossene, reisende, junge Brasilianerin. Sie könnte auch als Italienerin o. ä. durchgehen. Sie spricht sehr gutes Englisch, da sie viel reist und ihr Freund hat sie so kennengelernt, er lebt in Russland. Ihr sind schon viele Paare begegnet, die sich so getroffen haben. Denn Reisende sind durchaus anders. Wir unterhalten uns lange über unsere Kulturen. Wir stellen fest, dass in beiden Gesellschaften die Menschen auf der Sinnsuche sind und eine Art Entwurzelung und Depression erleben. Und das, obwohl wir mindestens das doppelte Gehalt dieser Menschen verdienen. Barbara arbeitet im Gesundheitsministerium und erzählt, als wir uns über Sozialhilfe in Deutschland unterhalten, dass sie nur das Doppelte verdient, was Sozialhilfeempfängern in Deutschland zum Leben zur Verfügung gestellt wird. Des Weiteren berichtet sie, dass es hier noch populär ist, bis zur Hochzeit bei den Eltern wohnen zu bleiben und mit Anfang 20 eine Familie zu gründen. Es sei aber nicht mehr zwingend notwendig, auf Biegen und Brechen zusammenzubleiben. Auch seien durchaus Rassenprobleme in Brasilien vorhanden. Mein Eindruck ist, dass die Indigenen einfache Arbeiten verrichten und die junge, aufstrebende Generation durchaus eher weiß zu sein scheint. Aber den großen Unterschied macht im Endeffekt doch die englische Sprache, sich der Welt zu öffnen. Selbst Josie und die zwei weiteren jungen Brasilianerinnen im Zimmer sprechen wenig Englisch. Barbara hingegen und die Angestellten im Hostel Manaus, ein sehr gutes. Scheinbar drei Faktoren bestimmen das. Sind die Menschen motiviert in andere Länder zu reisen und offen für Neues, erwerben sie ihr Geld im Tourismus, erkennen sie den Eigennutzen und haben Freude ihren Horizont zu erweitern. Die gilt für alle Reisenden, die ich bisher traf. Die Spanier und Franzosen in meiner Gruppe mussten alle Privatstunden nehmen, um das Schulenglisch überhaupt auf Konservationsniveau zu bringen. Vielleicht sollte es zusätzlich zum Unterricht Konversationsstunden geben. Offenheit für Menschen, Kultur und Umständen zeichnet Reisende im Gegensatz zu Touristen aus. Wobei ich denke, dass viel Berührungsängste aus Angst, Fehler zu machen auch Menschen daran hindert, offen zu sein.
Am Abend sehen wir wieder einen wunderschönen aber schnellen Sonnenuntergang des Feuerballes und bereiten uns auf die Nacht vor. Wir gehen in die „Disco“. Die offene Bar mit Bühne bietet genug Platz zum Tanzen davor. Ein einfacher Sandboden bietet sich zum barfuß tanzen an. Die Live-Band tritt auf und es geht volle Pulle los. Zwei 1,5 Meter hohe Trommeln liegen auf dem Boden der Bühne. Die Musiker sitzen darauf und schlagen die Trommel. Die Trommeln wurden vor dem Konzert am offenen Feuer erwärmt, um den Klang zu verbessern. Mehrere Rasseln und Ratschen unterstützen. Der Hauptsänger spielt ein Instrument ähnlich einer Ukulele, nur etwas größer. Den auffordernden Klang der Salsa kenne ich ja, aber das hier ist ganz anders. Die großen Trommeln sind dunkel und werden heftig und schnell gespielt. Mich erinnert es an Ritualtänze von Eingeborenen. Sie müssen unglaublich weit zu hören sein. Der Rhythmus des Carimbó ist Samba. So tanzen wir, bis das linke Bein schmerzt. Bei diesen Wetterbedingungen unglaublich schweißtreibend und anstrengend. Hochleistungssport. Denn die Musik ist unglaublich schnell und fordernd. Wie ich es kenne von Latino Partys, sind alle auf den Beinen und tanzen und lachen gemeinsam. Es ist halbdunkel und schwül, der Schweiß rinnt in Strömen, der Rhythmus bestimmt alles. Ein Paar, das in Brasilien lebt, ist auch dabei, er stammt aus Südafrika, sie aus Argentinien. Es ist eine Nacht in einer anderen Welt, die sehr ursprünglich scheint, und ich mittendrin.



31. August 2015 um 22:33
Schööön!!!:-* :-* :-*
LikeLike
31. August 2015 um 23:36
Kussi zurück Liane. Siehst du,hast quasi in den Koffer gepasst 🙂
LikeLike